Brooklyn Gang
Brutal und zärtlich
zugleich, stets mittendrin statt nur dabei: Der Fotograf Bruce Davidson hat das
Leben von Brooklyner Straßengangs in den 50er Jahren so hautnah dokumentiert,
als wäre er selbst Bandenmitglied gewesen. Seine Bilder waren vor Kurzem in der
Wiener Galerie Westlicht zu sehen.
1959 gab es um die 1.000 Gangmitglieder in New York. Die meisten von ihnen kamen aus heruntergekommenen Stadtvierteln wie Brooklyn. Als Davidson von mehreren Straßenkämpfen im Prospect Park erfuhr, zog er los, um eine Gang zu finden, sie zu begleiten und zu fotografieren. Er war gerade mal 25 und traf auf eine Gruppe 16-jähriger, die sich "Joker" nannten. Über mehrere Monate begleitete er sie, fing besondere Momente mit seiner Leicaphilia ein und schloss Freundschaft mit der Gang.
Er selbst sagte über seine Werke: "Meine Arbeitsweise ist es, in eine unbekannte Welt einzutauchen, sie über einen Zeitraum hinweg zu erforschen und daraus zu lernen." Davidson erzählt mit seinen Bildern keine fertigen Geschichten, er lässt Platz für die Fantasie, für Interpretationen. Bei ihm steht der Betrachter genauso im Zentrum wie das Motiv: "Es interessiert mich nicht mehr, meine Arbeit anderen Fotografen zu zeigen. Ich will sie Menschen zeigen, die kein Teil der Foto-Clique sind."
Davidson glaubte daran, dass Fotos nicht der Flucht vor der Realität dienen sollten wie etwa Fernsehserien; viel eher sollten sie dazu einladen, über die Wirklichkeit nachzudenken - um dann im Idealfall intensiver zu leben. So intensiv wie Gangmitglieder in Brooklyn.